Studying, Traveling, Partying. Beherzigt man diese drei Dinge, ist ein unvergessliches und bereicherndes Austauschstudium garantiert. 280 Tage USA neigen sich dem Ende zu – ein paar Eindrücke von meinem Austauschstudium an der Emory University, Atlanta, Georgia. Welcome abroad!
Studying
Emory gilt als eine der ansehnlichsten Universitäten in den USA. Immer wieder erntet man Anerkennung wenn man antwortet, auf dieser Universität zu studieren. Die Uni macht einen kleinen Stadtteil von Atlanta aus – die Existenz einer „Emory Police“ und eigenen Shuttle-Bussen – „Cliff“ sagt alles. Das Beurteilungssystem an der Business School ist sehr konkurrenzfördernd, da eine Grading Curve herangezogen wird. Das heißt die besten 15% bekommen ein A, die nächsten 15% ein B, usw. Es bedeutet folglich, dass man nicht absolut an der Zielerreichung sondern relativ an der Klasse gemessen wird. In weiterer Folge führt dies bei vielen Studenten zum „Extremlernen“.
Eine, für mich schockierende, Konsequenz ist dass eine hohe Anzahl von Studenten zu „Behelfen“ greift. Im Rahmen einer LVA haben wir mittels einer Umfrage die schockierende Feststellung gemacht, das ca. 75% aller Studenten zumindest einmal das Medikament Adderall eingenommen haben, um sich auf eine Leistungsüberprüfung vorzubereiten. Dieses rezeptpflichtige Medikament wird normalerweise zur Behandlung von ADHS verwendet und bewirkt mehrere Stunden extreme Konzentrationsfähigkeit und Schlaflosigkeit. Rezepte werden gefälscht oder das Medikament wird zu hohen Preisen über Rezept-Besitzer bezogen. Nebenwirkungen führen bis zum Tod – in Kanada ist das Medikament nicht mehr erwerbbar.
Der Unterricht ist nur äußerst selten langweilig. Der Lehrstoff wird von den LVA-Leitern präzise vorbereitet und anschaulich vermittelt. Es gibt kein tratschen. Wer im Unterricht sitzt ist leise und arbeitet mit. Die LVA-Leiter werden am Ende des Semesters von den Studenten beurteilt. Eine schlechte Beurteilung kann zur Entlassung des Professors führen.
Traveling
Zum Kennenlernen von Land und Leute. Äußerst wichtig!
Savannah. Ein kleines altes Städtchen Nahe des Atlantische Ozeans, erste Kolonialstadt und somit älteste Stadt in Georgia. Wichtiger Hafen im Bürgerkrieg, gewachsen durch die Baumwollindustrie und auch bekannt als die erste geplante amerikanische Stadt.
Chicago. Chicago ist eine der faszinierendsten Städte, die ich je besucht habe, was nicht zuletzt daran liegt, dass die Stadt am Lake Michigan, ein See mit einer Größe von zwei Drittel Österreichs, liegt. Obwohl Chicago eine riesige Metropole ist, gibt es viel Grün und ich konnte sehr viel Gemütlichkeit in dem ganzen Treiben verspüren. In Chicago stehen zwei der Welt höchsten Gebäude. Generell ist die Skyline von beeindruckenden Wolkenkratzern geprägt, die auf einer Seite der Stadt prompt endet – am Lake Michigan. An dessen Ufer trifft man auf viele Spaziergänger und Radfahrer. Auf Grund seiner Größe hat man das Gefühl vor einem Meer zu stehen – andere Ufer sind nicht in Sicht. Für viele Amerikaner ist Chicago „das saubere New York“.
Montréal, Toronto und die Niagarafälle – mein Herbstferien-Trip. Montréal ist eine sehr europäische Stadt – kleine Boutiquen und Cafés prägen das Stadtbild. Gute Französisch-Kenntnisse helfen – der Erwerb eines Métrotickets und auch das Lesen der Speisekarte wird dadurch wesentlich erleichtert. Toronto hingegen ist eine sehr amerikanische Stadt – Leute aus aller Welt, Architektur und eine unbeschreiblich große Chinatown erinnern daran. Für die Niagarafälle haben wir uns einen ganzen Tag Zeit genommen. Die gigantischen Wassermassen beeindrucken. Hinsetzen und zusehen.
Washington D.C. Hauptstadt der Vereinigten Staaten von Amerika. Will man amerikanische Ideologie verstehen dann sollte man sich ein paar Tage Zeit nehmen und die unzähligen Denkmäler und Mahnmäler, die hier amerikanische Geschichte und Weltgeschehnisse dokumentieren, für sich entdecken. Und all die anderen Leute beobachten, die zu Diesen pilgern, Blumen niederlegen und Kerzen anzünden.
Philadelphia. Die erste Hauptstadt der dazumal 13 Vereinigten Staaten. Ort der Erklärung der Unabhängigkeit. Die wichtigsten Sehenswürdigkeiten sind die Liberty Bell und die Independence Hall. Das Rathaus und die daneben gelegene Großmeisterloge der Freimaurer Pennsylvanias sind eindrucksvolle Gebäude. Zum Essen gibt’s Philly Cheesesteak. Wer jetzt gedacht hat dass ihn ein saftiges Steak mit Käse überbacken erwartet wird enttäuscht sein wenn man ihm ein Sandwich mit Käse und zerhacktem Steakfleisch serviert.
New York City. Eine Stadt, die sehr wahrscheinlich die ganze Welt repräsentiert. Eine Stadt mit fast so vielen Einwohnern wie Österreich. Faszinierend, wie sich trotzdem alles regelt. Broadway bis Empire State Building – einfach mitmachen!
New Orleans. Wochenend-Trip vor Mardi Gras. Alt, französisch und weite Teile sehen noch immer so aus als wäre Katrina vor einer Woche zu Besuch gewesen.
Cape Canaveral. Ein Besuch im Kennedy Space Center lässt fast jeden Menschen an der Faszination der Raumfahrt teilhaben. Sollte man nach einem Start einer Rakete planen, aber damit rechnen, dass er verschoben wird. Cocoa Beach ist gleich daneben!
Partying
Einseitige Bedeutung im deutschen Sprachgebrauch – im amerikanischen auch für die Familienfeier verwendet:
Thanksgiving. Wahrscheinlich der wichtigste amerikanische Feiertag. Sämtliche Familienmitglieder reisen zum Truthahn-Essen an. Wie Weihnachten – nur ohne Geschenke.
Christmas. Weihnachten habe ich bei einer Familie in Harrisburg, Pennsylvania verbracht. Ein unvergessliches Erlebnis! Gutes Essen, viele Geschenke und viel gemeinsame Zeit – bei Spielen, vor dem Fernseher bei Football und wiederum beim Essen. Ich habe drei Wochen bilderbuchhafte amerikanische Gastfreundschaft genossen.
Studenten-Partys. Gemeinsames kochen, Wein-, Bier- und Was-Auch-Immer-Trinken. Hauspartys, Clubs, Fraternity-Partys und das dienstägliche pilgern in die Highlands, die Bar-Meile. Jedenfalls sollte man mit Beerpong und Flipcup vertraut sein – diese Trinkspiele sind tiefer Bestandteil amerikanischer College-Kultur!
Nun zurück nach Atlanta, wo ich mich eigentlich aufhalte. Die Stadt besteht aus zwei Kernen – Midtown und Downtown. Durch das rasante Wachstum der Stadt in den letzten 20 Jahren hat vieles nicht mithalten können. Es gibt kein eigentliches Zentrum und auch der öffentliche Verkehr ist für eine Stadt wie dieser deutlich unterentwickelt. Einige Leute bezeichnen Atlanta als „New York des Südens“. Dies trifft zu wenn man Atlanta als Geschäfts-Metropole sieht. Andere Leute wiederum sind kaum für Atlanta zu begeistern und sind der Meinung, dass die Stadt keine „Seele“ hat. Dies trifft zu, wenn man hier auf der Suche nach einem historischen Stadtkern ist.
Die gefährlichste Weltanschauung ist die Weltanschauung derer, die die Welt nie angeschaut haben.
Alexander von Humboldt
Der meines Erachtens wichtigste Aspekt eines Austausch-Studiums ist es zu lernen die Welt ohne Österreicher-Brille zu betrachten. Wenn uns das gelingt, haben wir einen großen Beitrag geleistet. Wir werden anders entscheiden und handeln!
danielkaar.com